Zurück auf dem Schiff. Ich freue mich, wieder hier zu sein, wuchte mein Gepäck schwungvoll an Deck und schiebe die Tür zum Salon beiseite, damit der Muff der letzten vier Wochen sich verziehen kann. Die abgestandene Luft im Schiff ist mit salziger Seeluft vermischt. Das gibt ihr die eigene Note, als hätte sie nach getaner ehrlicher Arbeit noch nicht geduscht.
Elaine und ihr Partner laufen auf dem Steg an mir vorüber. Ich kenne die beiden eigentlich nicht. Sie, eine drahtige noch junge Frau, die ich als Schwedin im Kopf habe, obwohl sie keine ist, grüßt freundlich, wenn wir uns sehen. Sie hat immer ein unverbindliches Lächeln für mich. Auch für andere. Ihn habe ich noch gar nicht wahr genommen. Die Beiden liegen mit ihrer gepflegt soliden Vierzig-Fuß-Yacht am Ende des Stegs.
Elaines Partner spricht mich an. Direkt. Ohne Einleitung. „Are you playing the guitar?“
Ja. Das muss ich sagen, mit der halsigen Tasche auf meinem Rücken. Aber nein, ich spiele sie nicht. Noch nicht. Gestern meine allererste Unterrichtsstunde. Das Instrument auf meinem Rücken also jungfräulich, aus spanischer Produktion, erworben in Frankfurt. Es ist mir noch fremd. Wie der Mann, der mich das fragt. Und er legt nach:
„Darf ich an Bord kommen?“ 
Elaine lächelt und geht ihres Weges.
„What is it?“
Was? Die Gitarre? Ich kann nicht viel dazu sagen. Ein günstiges Instrument, gewiss. An Bord werde es schließlich leiden, worauf er mir nickend zustimmt.
„Wait a minute“, sagt er, lässt mich eilig stehen, und kommt kurz darauf mit seinem eigenen Instrument an Bord. Eines, das zu fein ist für die See. „Ein Geschenk von Elaine. Sie hat darauf bestanden.“
Er setzt sich, stimmt die Schöne unter Zuhilfenahme meiner ‚Al Hambra‘ und beginnt zu spielen. Spielt einfach drauf los, was ihm gerade in den Sinn kommt. Auf dem Griffbrett sind Vögel eingearbeitet. Seine Finger gleiten flink darüber, als flögen sie mit ihnen samt Klängen, Rhythmen, Melodien davon. Rockig, popig, Blues, eine Mischung aus allem, und der die Saiten zum Schwingen bringt, schwingt regelrecht mit. Mit Kopf, Schultern, einem Bein. Am ganzen Körper. Er vergisst das Drumherum, vergisst das fremde Boot, den Mann, der ihm gegenüber sitzt, der schon ganz Gehör ist. Vergisst auch die Köpfe der Segler rings herum; sie krabbeln wie Erdmännchen aus ihrem Bau und recken die Hälse nach dem, was hier los ist.
Es spielt keine Rolle, dass wir mitten am Tag  auf dem noch ungastlichen Achterdeck der Dream Chaser sitzen. Musik hat keine Zeit, hat keinen Ort. Sie ist immer zu Hause, jederzeit, überall. Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. Das hat ein ernsthafter Denker gesagt, und er hatte recht damit.
Der Engländer, als solchen kenne ich ihn inzwischen, zeigt mir SEINE Musik und ich weiß noch nicht einmal seinen Namen. Ich stelle mich vor.
Simon, sagt er und es hört sich für mich an wie Salomon.
“ No, not the wise man. Simon.“ Wie der von Garfunkel.
Größer als ich, schlank, Ende fünfzig, kurzes graues Haar, den jugendlichen Schelm immer noch im Gesicht. Simon ist ein Music Man. 
Wir verabreden uns für kommemde Woche. Bei uns an Deck. Wir werden ein paar Drinks nehmen, es wird ein bißchen ums Segeln gehen – er und Elaine sind schließlich gerade von den Azoren zurück – und um Musik. Viel Musik.